Fast scheint es normal, dass die Potsdamer Innenstadt wegen eines Bombenfundes stillsteht. Rund um den Sperrkreis wird alles geräumt, Züge, Busse und Bahnen fahren nicht mehr. Über den Liveticker kann man verfolgen, ob es gut geht. Warum aber findet man in Potsdam so viele Bomben aus dem 2. Weltkrieg?
Die Nacht von Potsdam
Große Teile der Potsdamer Innenstadt wurden beim Luftangriff auf Potsdam, auch als „Nacht von Potsdam“ bezeichnet, zerstört. Der Angriff fand am 14. April 1945 ab 22:16 Uhr statt. 490 schwere viermotorige Lancaster der britischen Royal Air Force warfen ca. 1700 Tonnen Bomben (Sprengbomben, Minenbomben, Brandbomben) ab. 1593 Potsdamer starben bei dem Bombardement oder danach im Flammenmeer, fast 1000 Gebäude in der Innenstadt wurden völlig zerstört und rund 60.000 Menschen wurden obdachlos. Nach alliierten Angaben war der damalige Stadtbahnhof das Hauptangriffsziel. Dieser war aber militärisch uninteressant. Die Menge der Bombenlast, die hohe Anzahl an verwendeten Brandbomben sowie die Markierung der Altstadt als Zielgebiet durch vier Leuchtgranaten – der Bahnhof lag am Rand des Zielgebietes – deuten auf die gezielte Vernichtung der Altstadt hin. Dies wurde durch Unterlagen der Royal Air Force bestätigt, die nach 1990 übergeben wurden. Das Hauptangriffsziel war die Potsdamer Altstadt. (Angaben laut Wikipedia)
Nach dem Krieg
Das Land Brandenburg hat wie kein anderes der neuen Länder unter den Spätfolgen des Krieges zu leiden. Erst flogen die Bomberstaffeln der Alliierten Angriffe auf die kriegswichtigen Industrien rund um die Hauptstadt Berlin. Allein auf Oranienburg, Sitz der Heinkel- Flugzeugproduktion und der Auerwerke, hagelten 20000 Tonnen Sprengkörper. Dann rückte die sowjetische Armee auf Berlin zu. Entlang der Oder, auf den Seelower Höhen und im Kessel von Halbe – den letzten Schlachtfeldern der Ostfront – ist der Boden bis heute mit Munition, Handgranaten, Panzerfäusten, Sprengstoff und Waffen verseucht. Nach Kriegsende richtete erst die Rote Armee und später die NVA Truppenübungsplätze und Schießstände im dünnbesiedelten Brandenburg ein. Als die Russen diese riesigen Flächen zwischen 1992 und 1993 an Deutschland zurückgaben, hinterließen sie ihre Kasernen zwar mehr oder weniger besenrein, aber die Manövergelände bei Lieberose, Heidehof, Jüterbog, Sperenberg oder Wittstock blieben gespickt mit scharfer Munition und Waffenmüll. Insgesamt sind 180 000 Hektar im Land Brandenburg mit militärischen Altlasten verseucht – eine Fläche fast so groß wie das Saarland.
4755 Brandbomben, 2079 Sprengbomben, 148 000 Granaten, 3700 Raketen und eine Million Patronen, außerdem Minen und Panzerfäuste wurden allein 1994 in Brandenburg gefunden.
Seit der Wende kann man zumindest genauer sagen wo Bomben abgeworfen wurden, vorher wollten Briten und Amerikaner weder die Einsatzpläne ihrer Bomber noch die Luftaufnahmen zur Verfügung stellen, die ihre Aufklärungsflieger als Erfolgskontrolle nach jedem Bombenabwurf gemacht hatten. Anhand dieser Unterlagen und Fotos – die sich die Briten noch mit 300 000 Mark bezahlen ließen, kann man erkennen, wo welche Bomben detoniert sind. Wo nur ein kleiner, dunkler Punkt zu sehen ist, steckt die Bombe noch im Boden.
Ob und wie viele Blindgänger zu DDR-Zeiten gefunden wurden, weiß ich nicht.
Die Agenturen meldeten nach dem letzten Bombenfund im September 2018, dass seit 1990 191 Sprengkörper mit über hundert Kilogramm, die in der Stadt gefunden wurden. Bei der regen Bautätigkeit wird es sicher nicht der letzte gewesen sein.
Quellen: Ich habe in verschiedenen Zeitungen nachgelesen und die wichtigsten Fakten zusammengefasst. Falls jemand Ergänzungen hat, bitte schreiben.