Baustellenbesuch bei der Potsdamer Garnisonkirche

Es gibt einige umstrittene Bauwerke in Potsdam und ohne zu übertreiben, kann man sagen sagen, die Garnisonkirche ist auf jeden Fall das bekannteste. Falls Ihr trotzdem noch nicht davon gehört habt, gibt es am Ende des Beitrages einen kurzen geschichtlichen Überblick.

Garnisonkirche gegen Rechenzentrum ? 

In der öffentlichen Diskussion läuft es oft auf diese Zuspitzung hinaus, denn wie heißt es in einem Lehrfilm über die Sprengung der Kirche aus den neunziger Jahren „Hier, wo jetzt das Rechenzentrum steht, stand einst die Garnisonskirche“.

Ein Moderne-Bau errichtet auf dem Platz, an dem 1968 die Ruine abgetragen wurde, könnte nun dem Wiederaufbau der Garnisonkirche weichen. Wenn auch „nur“ teilweise, denn noch geht es um den Turm der Kirche, der mit seinen 80 Metern Höhe das Stadtbild verändern wird. Ich glaube das ist vielen Potsdamern noch nicht bewusst geworden. Vielleicht erkennt Ihr das auch an meinen Fotos.

Die Baustelle – es geht hoch hinaus

Der Förderverein der Garnisonkirche bietet ab und zu Führungen der Baustelle an und meine Fotos sind an so einem Tag im  September 2021 entstanden. Ich fand es wirklich interessant zu sehen wie der Turm entsteht, denn nur für diesen gibt es eine Baugenehmigung. Er wird direkt an das Rechenzentrum grenzen, dessen Mosaik unter Denkmalschutz steht. Ich glaube, dass beides nebeneinander existieren kann, aber vielleicht muss man abwarten und sehen wie es in der Realität aussieht.

Mein großer Kritikpunkt: die Höhe des Turmes. Er wird alles überragen und damit die Gegend verändern. Mit Aussichtsplattform werden es rund 90 Meter werden, derzeit stehen die Bauarbeiten bei rund 40 Metern. Der Turm wird riesig und ob das so gut ist ? Ich glaube nicht.

Los geht’s

Der Innenraum ist wirklich nicht so groß. Über das Treppenhaus erreicht man die „Bauabschnitte“ des Turms.

 

Hier der Blick auf die „Breite Straße“

Neben dem Baugerüst sieht man das Rechenzentrum

Der Blick nach oben

 

Interessant auch der rekonstruierte Fassadenschmuck. Leider habe ich nicht aufgepasst welchen Namen das Ganze hat, vielleicht kann da jemand aushelfen.

 

 

Bis zu dieser Ebene konnten wir laufen, dann begann der Abstieg und schließlich ist man in der Dämmerung gut unten angekommen. Hier sieht man im Hintergrund das Rechenzentrum.

 

 

Zum Schluss möchte ich noch das Glockenspiel der Kirche erwähnen, dessen Original nicht mehr existiert.

Statt dessen gibt es eine Nachbildung auf dem Plantagenplatz. Diese „stammt“ von der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V., einer Initiative von Oberstleutnant Max Klaar und wurde 1987 auf dem Paradeplatz der Winkelmannkaserne der Bundeswehr in Iserlohn aufgestellt. Nach der Wiedervereinigung wurde sie der Stadt Potsdam geschenkt und nach kontroversen Diskussionen am 14. April 1991 auf dem Plantagenplatz aufgestellt. (Wikipedia) Der Förderverein der Kirche hat sich von diesem Glockenspiel distanziert und so war die Überraschung groß, als es unter Denkmalschutz gestellt wurde. Der ganze Vorgang ist aus meiner Sicht merkwürdig, um es vorsichtig zu formulieren. Solche Anträge werden oft jahrelange geprüft, hier traf man diese nach Monaten. Auch die Begründung erschließt sich nicht, denn diese Glockenspiel stammt nicht aus Potsdam, hat keine lange Tradition und ist meiner Meinung nach kein Denkmal. Durch diesen Schutz ist es praktisch unantastbar geworden.

 

Warum ist die Garnisonkirche so umstritten ?

Die Hof- und Garnisonkirche wurde im  18. Jahrhundert erbaut. Auftraggeber war Friedrich Wilhelm I., der in der dortigen Gruft 1737 beerdigt wurde. Auch Friedrich der Große wurde gegen seinen Willen dort beigesetzt. Dessen Grab besuchte später auch Napoleon. Ich überspringe jetzt ein paar Epochen und komme zu dem Ereignis, das man den Tag von Potsdam nennt.

Am 21. März 1933 fand in der Garnisonkirche der Staatsakt zur konstituierenden Sitzung des Reichstages statt. Im Anschluß daran kam es zum Handschlag Adolf Hitlers mit Reichspräsident Paul von Hindenburg. Das Foto wurde zum Symbol und Beleg für die Verbindung Preußen mit der Nazi-Partei. Das Foto findet man bei jeder Google-Suche.

Beim Luftangriff auf Potsdam, der „Nacht von Potsdam“ am 14. April 1945, brannte das Innere des Kirchenschiffs aus, der Turm mit dem Glockenspiel stürzte teilweise in sich zusammen. Allerdings wurde die Kirche trotzdem genutzt, allerdings unter dem Namen „Heilig-Kreuz-Kirche“.

Der Turm der Kirche wurde an einem Sonntag zur Gottesdienstzeit auf Geheiß von Walter Ulbricht gesprengt. Zuvor hatten Stadt und Kirche ein Konzept zur Sicherung der Kirche vorgelegt, was keine Berücksichtigung fand. Die Sprengung fand am 23.6. 1968 statt. Damit war die Kirche bis zu Wende „Geschichte“. Über diese Zeit gibt es einen sehr interessanten Film, den man auch auf You Tube findet.

Nach der Wende begann der Streit um den Wiederaufbau. Bitte lest hierzu selbst nach. Es sprengt den Rahmen dieses Beitrages. Aber es bleibt auf jeden Fall spannend und ändert sich ständig.

Mehr Fotos gewünscht ?

Ich habe noch viele Fotos von der Plantage, dem Rechenzentrum, verschiedenen Stadien der Bauarbeiten. Auf Wunsch und wenn ich Zeit habe, könnte ich noch mehr posten.

Bis bald Kerstin